PflanzenFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Workshop 2023

Forschen für Züchtung, Landwirtschaft und Wirkstoff-Wissen

Neues von der Nachwuchsforschergruppe Arzneipflanzen am JKI
 

Am 20. Februar fand der nunmehr 3. Workshop der Nachwuchsforschergruppe-Arzneipflanzen (NWG Arzneipflanzen) des Julius Kühn-Instituts (JKI) statt, in dem diese wieder einen aktuellen Einblick in ihre Arbeit gab. Insgesamt 96 Teilnehmende, davon 43 in Präsenz und 53 online, verfolgten die Vorträge am JKI in Quedlinburg. 

Grundlegende Informationen zu den Zielen der NWG und den Kulturen finden sich in den Berichten der beiden Workshops aus den Vorjahren: 20212022

 

Schnell gelesen:

Anis

  • Witterungsextreme bergen erhebliche Anbaurisiken
  • Ätherisch-Ölgehalt steigt tendenziell bei:
    • richtigem Aussaatzeitpunkt (Anfang April – Mitte Mai)
    • an exponierten Anbaustandorten
    • unreif (grün) geerntetem Anis

Johanniskraut 

  • Die Wirkstoffgehalte nehmen in den geprüften Akzessionen im 2. Standjahr noch zu
  • Die Pseudohypericingehalte sind in den geprüften Akzessionen besonders hoch
  • Es gibt Akzessionen, die bislang nicht von der Johanniskrautwelke befallen wurden

Phytopathologie

  • Eine molekularbiologische Methode zum schnellen und hochsensitiven Nachweis für den Johanniskrautwelkeerreger wurde erfolgreich entwickelt und getestet
  • Der Erreger der Johanniskrautwelke war in Handels-Saatgut in vielen Fällen nachweisbar
  • Eine Heißdampfbehandlung von Saatgut zur Reduktion von Pilzen bei Anis und Kümmel ist erfolgversprechend

Süßholz

  • Blattextrakte aus G. glabra und G. uralensis haben das größte Potenzial im biobasierten Pflanzenschutz
  • Bester bislang getesteter Wirkstoff kann Wachstum von Fusarium culmorum um bis zu 80% hemmen
  • Auch gegen andere Schaderreger wie Grauschimmel, Falscher Mehltau, Johanniskrautwelke und weitere gute Wirksamkeit
  • Höchster Wirkstoffgehalt in den Blättern bei Ernte im Juni
  • Weitere 16 Einzelsubstanzen stehen noch zur Prüfung an

Hopfen

F1-Individuen mit sehr hohem Xanthohumol-Gehalt identifiziert

 

Chinesisches Süßholz (Glycyrrhiza uralensis) in Blüte. Foto: Sophie Bliedung

Chinesisches Süßholz (Glycyrrhiza uralensis) in Blüte. Foto: Sophie Bliedung

Anis

Anne-Marie Stache, die Anis in der NWG betreut, räumte gleich zu Beginn ein, dass man nach nunmehr zwei Jahren Anbauversuchen in Quedlinburg festgestellt hat, dass die Kultur doch recht anspruchsvoll ist. Dies gilt zumindest für die Witterungsbedingungen, die am Versuchsstandort, aber zunehmend auch andernorts in Deutschland, auftreten. 2021 und 2022 zeichnete sich Quedlinburg durch ein relativ kaltes Frühjahr und einen heißen Frühsommer im Vergleich zum langjährigen Mittel aus. In 2022 kam noch Trockenheit von April bis August hinzu. Anis keimt bei kühlen Temperaturen nur langsam und ungleichmäßig, was zu starkem Unkrautdruck führt. Wenn die Fahrspur im Unkraut nicht mehr zu sehen ist, gestaltet sich die mechanische Bekämpfung sehr schwierig und ist ohne GPS-gestützte Technik fast nicht möglich. Aber auch Wind und zu starke Niederschläge im Sommer können problematisch sein und Lager (großflächiges Umknicken der Pflanzen) und späte Verunkrautung verursachen. Diese führte bei einigen der Anis-anbauenden Landwirte, mit denen Stache im Projekt kooperiert, in 2021 zu Totalausfällen. Ein zu kühler und sonnenarmer Herbst wiederum verzögert die Reife.

Entschließt man sich trotz dieser Risiken zur Aussaat, sollte diese optimalerweise zwischen Anfang April und Mitte Mai erfolgen, wie Aussaatversuche im NWG-Projekt ergaben. Der Ölgehalt der in diesem Zeitfenster ausgesäten Pflanzen lag 2021 signifikant höher als bei den Pflanzen von früheren oder späteren Terminen. In 2022 keimten alle Pflanzen sämtlicher Aussaattermine gleichzeitig, ausgelöst durch ein Regenereignis nach langer Trockenheit. In der Folge ließen sich keine Unterschiede der Ölgehalte in Abhängigkeit vom Aussaatzeitpunkt nachweisen. Dafür zeigten sich Unterschiede aufgrund der Anbaulage: Ein windgeschützt angebauter Anis wies einen deutlich geringeren Ätherisch-Öl-Gehalt auf als derjenige von exponierten Lagen. Dies könnte an dem höheren Stresslevel oder aber an Verdünnungseffekten durch mehr Feuchtigkeit am geschützten Standort liegen.

Eine immer wieder gestellte Frage ist die, ob unreif, also grün geernteter Anis einen höheren Ölgehalt hat als reifer. Bei einem Versuch in 2022 erwies sich tatsächlich der unreife Anis als der deutlich ölhaltigere. Dieser Versuch wird 2023 wiederholt.

Saatgut, das gegen samenbürtige Schaderreger mit Heißdampf behandelt wird, ist nicht weniger keimfähig als unbehandeltes, so ein weiteres Ergebnis der Arbeiten. Bei Anis sind insbesondere pilzliche Schaderreger relevant.

Lässt sich nun am Ende das Fazit ziehen, dass sich der in der Praxis vor allem in Süd- und Südosteuropa kultivierte Anis für die hiesige Landwirtschaft doch nicht eignet, auch wenn es bei uns im Zuge des Klimawandels tendenziell trockener und wärmer wird? Schließlich gelten diese Tendenzen nur im Jahresdurchschnitt. Stache wollte beim diesjährigen Workshop noch kein abschließendes Resümee ziehen. Sie benannte die Zuchtziele, an denen noch zu arbeiten ist, damit die Kultur für Landwirte interessanter wird:

  • Zügige Jugendentwicklung nach schneller Keimung und schneller Blühbeginn
  • Varianten mit buschigem Wuchs zur Unkrautunterdrückung und Beschattung des Bodens; Varianten mit luftigem Wuchs für Standorte mit hohem Krankheitsdruck (Pilze)
  • Hohe Standfestigkeit
  • Hohe Resistenz gegen biotischen und abiotischen Stress
  • Hohe Erträge, hohes Tausendkorngewicht (TKG), gute Sensorik und Vermarktbarkeit (keine Verschwärzung der Dolden)
  • Hoher ätherischer Ölgehalt für den Arzneiwirkstoffmarkt – dieses Qualitätsmerkmal erfüllten bislang fast alle in der NWG untersuchten Herkünfte problemlos.

Die Herkunftssichtung, immer wieder auch mit neuen Kandidaten, läuft in Quedlinburg parallel zu den Anbauversuchen weiter, um vielversprechende Vertreter im Hinblick auf die genannten Zuchtziele zu identifizieren.

In der Diskussion appellierten zwei Teilnehmerinnen aus dem Biobereich, das Schaderreger-Spektrum künftig möglichst noch breiter zu erfassen und neben Pilzen auch das Vorkommen von Bakterien, Viren und Insekten zu untersuchen. Hintergrund ist, dass im Bioanbau phytosanitäre Aspekte der Fruchtfolgeglieder eine große Rolle spielen. Wenn bekannt ist, für welche Schädlinge Anis keine Wirtspflanze darstellt, könnte die Kultur gezielt auf den Flächen angebaut werden, auf denen diese Schädlinge auftreten.

Bekannt ist, dass ein Befall von Anis mit Blattläusen, Wanzen, Drahtwürmern, Nematoden und im Saatgut mit bestimmten Bakterien auftreten kann, aber nicht immer ertragsrelevant wird.

Blühender Anis. Foto: Anne-Marie Stache

Anis (Pimpinella anisum) blühend. Foto: Anne-Marie Stache

 

Johanniskraut

Ahmed El Menuawy berichtete von den Anbauversuchen und Analysen, die er in der NWG mit 24 Hypericum perforatum-Akzessionen und 25 Akzessionen anderer Hypericum-Arten wie H. montanum, H. maculatum, H. corus und H. inodorum aus aller Welt durchführt. Chemische Analysen ergaben, dass alle Herkünfte den Mindestgehalt des Europäischen Arzneibuchs von 0,08 % Hypericin und Pseudohypericin erreichen bzw. überschreiten. Für beide Wirkstoffe ist eine antimikrobielle Wirkung sowie eine bioaktive Wirkung im zentralen Nervensystem nachgewiesen.

Im 2. Anbaujahr 2022 hatten sich die Wirkstoffgehalte in den Hypericum-Versuchsbeständen gegenüber 2021 noch erhöht. 10 Akzessionen wiesen dabei einen signifikant höheren Pseudohypericingehalt als die Vergleichssorte 'Topaz' auf. Der Hypericingehalt war hingegen nicht signifikant höher als bei 'Topaz'.

Eine negative Entwicklung im 2. Anbaujahr war das zunehmende Auftreten der Johanniskrautwelke ab Juni. In 2021 war sie noch weitgehend ausgeblieben. Die durch Pilze verursachte und im Johanniskraut wirtschaftlich bedeutende Krankheit befiel jedoch nicht alle Akzessionen gleichermaßen. Einige Herkünfte wiesen überhaupt keinen Befall auf, dies sind interessante Kandidaten für die Resistenzzüchtung.

Blühendes Johanniskraut mit Hummel. Foto: Ahmed El Menuawy

Johanniskraut (Hypericum perforatum). Foto: Ahmed El Menuawy

El Menuawy gab auch wieder einen kurzen Einblick in seine Forschungen im Rahmen eines Auslandsstipendiums am Universitätsklinikum Oslo. Dort geht er der Frage nach, welche Hypericum-Wirkstoff-Fraktionen im Einzelnen einen Effekt bei neurodegenerativen Veränderungen im Bereich des Alzheimer-Demenzkomplexes haben. Dass Hypericin bzw. Pseudohypericin hier grundsätzlich wirksam ist, weiß man schon länger. In Oslo laufen seit Kurzem Tierversuche mit Mäusen, bei denen die alzheimertypischen krankhaften Eiweißablagerungen im Gehirn ähnlich wie bei Humanpatienten auftreten.

Erstes Zwischenergebnis: Mit einer Fraktion aus dem Johanniskraut behandelte Tiere fressen mehr als die unbehandelten. Ebenso erhöht sich das Körpergewicht der behandelten Mäuse stärker. Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sind häufige Symptome der Erkrankung. Die Fraktionierung der Extrakte grenzt bei positiven Ergebnissen die Suche nach den wirksamen Substanzen weiter ein. Folgend kann eine weitere Auftrennung der Fraktion erfolgen, um die pharmakologisch aktiven Moleküle zu identifizieren.

Von Johanniskrautwelke befallene Pflanze. Foto: Ahmed El Menuawy

Johanniskrautwelke. Foto: Ahmed El Menuawy

Phytopathologie

Lana-Sophie Kreth beschäftigte sich 2022 vor allem mit dem Nachweis von Phytopathogenen an Johanniskraut und Anis und mit der Behandlung von Saatgut. Für den Nachweis der Krankheitserreger sammelt sie befallenes Pflanzenmaterial und Saatgut aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. An Johanniskraut wurde, neben anderen Pilzen, hauptsächlich der Johanniskrautwelkeerreger Colletotrichum gloeosporioidum sensu lato und an Anis Passalora malkoffii sowie Puccinia pimpinellae (Anisrost) gefunden.

Der Johanniskrautwelkeerreger wurde bisher mittels kultivierungsabhängiger Methoden im Saatgut nachgewiesen, was sehr zeit- und arbeitsaufwändig ist. Zudem ist diese Methode nicht sehr sensitiv. Daher wurde erfolgreich ein molekularbiologischer Test für diesen Erreger an Pflanzen und Samen etabliert, der schneller und deutlich sensitiver ist, als der bisher übliche Nachweis auf Nährmedium. Zum molekularbiologischen Nachweis wird eine Real-Time-PCR mit artspezifischen Primern und einer TaqMan-Sonde genutzt. Der Test hat mit einer Nachweisgrenze von einem Pikogramm Pilz-DNA pro Mikroliter eine sehr hohe Genauigkeit.

Die Überprüfung von 46 Saatgut-Chargen unterschiedlichster Herkunft mit dieser Methode ergab, dass 46 Prozent mit dem Erreger der Johanniskrautwelke befallen waren. „Angesichts der Tatsache, dass die Johanniskrautwelke sich insbesondere über die Samen verbreitet, sind diese Zahlen ziemlich besorgniserregend“, meint Kreth.

Zudem gelang es Kreth, eine Methode zur Einbettung und anschließender Anfertigung von Dünnschnitten von Johanniskrautsaatgut zu optimieren. Damit konnte sie mittlerweile den Erreger eindeutig im Samen lokalisieren. 

Gesundes Saatgut ist die Basis für gesunde Kulturen. Steht es nicht zur Verfügung, kann man durch eine Saatgutbehandlung den Pilzbefall reduzieren. Daher testete Kreth die Wirkung einer Heißdampfbehandlung von Anis- und Kümmelsaatgut. Im Ergebnis ließ sich der Pilzbefall durch verschiedene Alternaria- und Fusarien-Arten im Schnitt um mehr als 70 Prozent reduzieren. Anisrost (P. pimpinellae) war nach der Aussaat von behandeltem Saatgut in den gekeimten Jungpflanzen nicht mehr nachweisbar. Inwieweit sich eine Heißdampfbehandlung zur Reduktion des Johanniskrautwelkeerregers an Johanniskrautsaatgut eignet, muss noch überprüft werden.

In diesem Jahr will Kreth unter anderem das Resistenzscreening für Johanniskraut optimieren. Welche Herkünfte sind besonders widerstandsfähig gegenüber dem Johanniskrautwelkeerreger? Hier waren die Ergebnisse der ersten beiden Screening-Versuche noch inkonsistent. Eine Identifizierung von resistentem Pflanzenmaterial wäre für die Züchtung neuer Sorten und eine Ausweitung des Johanniskraut-Anbaus in der Praxis von großer Bedeutung.

Johanniskrautwelke an Pflanzen und verursachende Pilze. Lana-Sophie Kreth in Petrischalen. Fotos:

Untersuchung der Johanniskrautwelke. Johanniskraut mit Welkesymptomen im Freiland (A) und nach der Ernte (B); Johanniskrautwelkeerreger ausgewachsen aus symptomatischen Stängelabschnitten (C); Reinkultur des Erregers (D).

Fotos: Lana-Sophie Kreth

 

Süßholz

Sophie Bliedung hat im Rahmen der NWG inzwischen 22 Akzessionen der Gattung Glycyrrhiza in Berlin Dahlem angebaut, ethanolische Extrakte aus den Blättern hergestellt und in vitro als Wirkstoff gegen verschiedene Pilzspezies getestet. Die vielversprechendsten Extrakte, die überwiegend aus Akzessionen der G. glabra und G. uralensis stammten, wurden bis zur Einzelsubstanz-Ebene weiter auffraktioniert und getestet. So konnte schlussendlich eine besonders wirksame Einzelsubstanz isoliert und bestimmt werden. Bei einer Konzentration von 2,5 mg pro Liter Nährmedium erreichte sie gegen Fusarium culmorum eine 80 %ige Hemmwirkung. Auch gegen Alternaria dauci (Möhrenschwärze), Fusarium sambucinum, Botryrtis cinerea (Grauschimmel), Colletotrichum sp. (Johanniskrautwelke) und Phytophthora cinnamomi (Falscher Mehltau)zeigte sich eine gute Wirksamkeit. Das als Vergleich herangezogene konventionelle Fungizid Tebuconazol war allerdings effektiver: Es konnte das Pilzwachstum bei nur rund einem Zehntel der Konzentration zu 100 % hemmen.

Eine weitere Forschungsfrage lautete „Wann im Vegetationsverlauf lassen sich Süßholzblätter mit dem höchsten Wirkstoffgehalt ernten?“ Hier stellte sich der Monat Juni als der beste heraus.

Auf Bliedungs Arbeitsplan steht nun die Testung 16 weiterer isolierter Einzelsubstanzen. Und natürlich soll auch die Übertragung ex vitro erfolgen, also die Erprobung der Substanzen an echten Pflanzen.

Süßholzblattextrakte wurden in früheren Forschungsprojekten in Labor, Gewächshaus und Freiland bereits mit vielversprechender Wirkung an Kulturen wie Weinreben, Gurken, Tomaten (gegen Falschen Mehltau), Bohnen (gegen Bohnenrost), Äpfel (gegen Apfelschorf) und Stockrosen (Alcea rosea) erprobt. Zu den Herausforderungen gehört aber noch die Entwicklung geeigneter Applikationstechniken für das alternative Fungizid. Das Süßholz macht seinem Namen hier alle Ehre: Nicht nur die Wurzeln, auch die Blattextrakte sind sehr süß, entsprechend klebrig und lassen sich mit herkömmlichen Spritzdüsen nur schlecht versprühen.

 

Echtes Süßholz (Glycyrrhiza glabra) in Blüte. Foto: Sophie Bliedung

Echtes Süßholz (Glycyrrhiza glabra) in Blüte. Foto: Sophie Bliedung

Hopfen

Jana Böttger ist seit März 2021 in einem durch das JKI finanzierten Projekt zur qualitativen Optimierung des Hopfens aktiv und ihr Vorhaben zusammen mit dem Kollaborationspartner Hopsteiner wurde nachträglich als „assoziiertes Projekt“ in die NWG Arzneipflanzen aufgenommen.

Hopfen (Humulus lupulus L.) ist eine mehrjährige, zweihäusige Pflanze aus der Familie der Cannabaceae. Sie enthält u. a. Bitterstoffe, Aromastoffe, schaumbeeinflussende Bestandteile und medizinisch nutzbare Substanzen. Deutschland ist mit einem Jahresertrag von rund 48.000 Tonnen knapp hinter den USA der zweitgrößte Hopfenproduzent weltweit. Während der Löwenanteil in die Brauereiindustrie geht, gibt es auch einen kleinen Markt für Phytopharmaka. 

In der NWG will Böttger auch untersuchen, welche Moleküle für bestimmte erwünschte und unerwünschte Aromen verantwortlich sind. Genomweite Assoziationsstudien an unterschiedlichen Populationen sollen aufklären, wie die aromaprägenden Substanzen und die medizinischen Wirkstoffe genetisch reguliert werden.

Lassen sich genetische Marker für die Zielsubstanzen identifizieren, wäre dies sehr wertvoll für die Züchtung neuer Sorten.

Medizinisch relevant sind vor allem die drei Substanzen:

•             Xanthohumol (XN)

•             Prenylnaringinin (8-PN)

•             Multifidolglucosid (co/ad-M-glc)

XN wird mit chemopräventiven (also Tumor-unterdrückenden) Effekten in Verbindung gebracht, Multifidole haben eine entzündungshemmende Wirkung und 8-PN ist das bislang potenteste, bekannte Phytoöstrogen.

Böttger untersuchte im Projekt eine F1-Population, die aus kontrastierenden Eltern, also aus einer Mutterpflanze mit hohem und einer Vaterpflanze mit niedrigem XN-Gehalt gezüchtet wurde. Die weiblichen Nachkommen wurden 2021 und 2022 zu jeweils zwei unterschiedlichen Zeitpunkten geerntet. Im Ergebnis ließen sich einige Individuen mit sehr hohen XN-Gehalten identifizieren - interessante Züchtungskandidaten, die zudem im weiteren Projektverlauf bei der Markersuche helfen sollen. Besonders erfreulich waren die reproduzierbaren Ergebnisse: Die Pflanzen mit hohem XN-Gehalt im ersten Jahr fielen auch im 2. Jahr mit dieser Eigenschaft auf. Die XN-Anteile in den getrockneten Blüten lagen 2021 bei 0,8 und 2022 bei 0,9 Prozent. Der höhere Gehalt im 2. Jahr könnte durch Trockenstress induziert sein, eine höhere XN-Produktion von Hopfen unter Wassermangel ist bereits in der Literatur beschrieben. Ein Einfluss des Erntetermins auf den XN-Gehalt war noch nicht erkennbar, hier waren die Ergebnisse beider Jahre uneinheitlich.

Die genetische Kartierung von Loci bzw. Identifizierung von Genen mit Einfluss auf den Xanthohumolgehalt ist nun ein wichtiges Ziel in diesem Projekt.

Hopfen (Humulus lupulus), weibliche Blüte. Foto: Jana Böttger

Hopfen (Humulus lupulus), weibliche Blüte. Foto: Jana Böttger

Ausblick

Professor Frank Marthe, NWG-Projektleiter am JKI, strebt eine Verlängerung der Nachwuchsforschergruppe um eine Aufstockungsphase an. Gefördert wird die NWG vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR). Die bislang erzielten Ergebnisse rechtfertigen nach seiner Auffassung eine solche Verlängerung. Alle Themenschwerpunkte erfordern weitere Bearbeitung, um das Ziel zu erreichen: Wissen und Lösungsansätze für die praktische Nutzung und den Anbau dieser Kulturen zu generieren. Besonders relevant hierfür ist die bemerkenswert breite Vernetzung innerhalb der Nachwuchsforschergruppe im JKI, wie auch zu Partnern aus Anbau und Verarbeitung. Die Effekte von Forschung und Entwicklung an den hier bearbeiteten Kulturen sollen mit ihrem praktischen Nutzen als Beispiel zukünftige Arbeiten im Bereich der Arzneipflanzen anregen.

Weitere Informationen:

Projekt-Details

NWG-Seite des JKI