PflanzenFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Biodiversität

Nachwachsende Rohstoffe - mehr Vielfalt für Bienen & Co.

Nachwachsende Rohstoffe haben das Potenzial, die Tafel für Honig- und Wildbienen, Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlinge und andere Insekten reich zu decken. Schließlich wachsen sie aktuell auf fast 2,7 Millionen Hektar in Deutschland (2017), das ist fast ein Sechstel der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Zudem ist die Palette möglicher Kulturen, darunter auch viele blühende Arten, grundsätzlich sehr groß. Noch wird sie nicht voll ausgeschöpft, insbesondere im Energiepflanzenanbau wäre mehr Vielfalt möglich.

In vom BMEL über die FNR geförderten Projekten stehen alternative Energie- und Industriepflanzen auf dem Prüfstand. Forscher testen sie in Anbauversuchen oder bearbeiten sie züchterisch. Häufig sind die Kulturen nicht nur vorteilhaft für die Insektenvielfalt, sondern können mit weiteren ökologischen Vorzügen punkten. Im Folgenden findet sich ein Überblick:

Schwebfliege Episyrphus balteatus auf einer Leinblüte. Foto: Birgit Bierschenk

Raps

Eine Energiepflanze bietet Bienen & Co. schon heute alljährlich ein Festessen: Raps. Von den Energiepflanzen in Deutschland liegt sie beim Flächenumfang auf Platz 2 und ist gleichzeitig für die Imker und ihre Honigbienen eine sehr wichtige Frühjahrstracht. Dabei wäre die Rapsanbaufläche in Deutschland ohne die Nutzung für den Kraftstoff Biodiesel nicht einmal halb so groß. Ohne Biodiesel aus heimischen Energiepflanzen gäbe es also auch weitaus weniger Rapshonig!

Aktuelle vom BMEL geförderte Projekte zum Winterraps betreffen den Einsatz von Leguminosen-Untersaaten zur Reduzierung des Stickstoff-Düngebedarfs und züchterische Grundlagenarbeiten für besonders stickstoffeffiziente Rapssorten

Bienenkörbe im Raps

Bienenbeuten im Rapsfeld. Foto: Zeljko Radojko/adobe.stock.com

Mais-Bohnen

Der im Biogasbereich dominierende Mais ist als Windbestäuber wenig attraktiv für Insekten. Kombiniert man ihn jedoch mit Stangenbohnen, sieht das ganz anders aus, denn die Bohnen blühen über mehrere Monate. Dabei muss der Landwirt nur relativ geringe, teilweise auch gar keine Ertragseinbußen hinnehmen, wie die Erfahrungen von Bernd Bulich, Landwirt bei Köln, zeigen. Zusätzlich bringen die Bohnen als Leguminosen noch Stickstoff in den Boden. Das ursprünglich aus Süd-, Mittel- und Nordamerika stammende Anbausystem Mais-Bohnen wird in vom BMEL geförderten Forschungsprojekten für hiesige Anbaubedingungen weiterentwickelt und sein ökologischer und ökonomischer Nutzen überprüft.

Infos zum Thema und zu den Projekten

Hummel im Anflug auf die Blüten einer Feuerbohne. Foto: Walter Schmidt

Steinklee

Eine weitere bienenfreundliche, aber noch ziemlich unbekannte alternative Energiepflanze für Biogasanlagen ist  Steinklee. Weißer und Gelber Steinklee (Melilotus albus und Melilotus officinalis) sind tiefwurzelnd und die einzigen überwinternden Leguminosen, die auch auf trockenen Sandböden (mit Ausnahme reiner Lockersandflächen) hohe Erträge bringen können. Der Weiße Steinklee wird nach einer seiner Herkunftsregionen (Buxoro oder deutsch Buchara, Usbekistan) auch Bokharaklee oder Riesen-Honigklee genannt (engl. sweet clover, russ. Donnik). Der Name deutet auf seine Eigenschaft als ergiebige Bienenfutterpflanze hin, er blüht von Juli bis September. In einem aktuellen Projekt will die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern den Steinklee wieder verstärkt in der Biogaspraxis etablieren. Er eignet sich insbesondere in trockenen Regionen, kann aufgrund ausgeprägter Wurzelbildung die Humusbilanz verbessern und als Leguminose Stickstoff im Boden anreichern. Aufgrund seines Cumaringehaltes kommt Steinklee als Futterpflanze nicht in Frage.

Weißer Steinklee. Foto: FNR/Z. Hajkova

Buchweizen

Energiepflanzen für Biogasanlagen lassen sich auch als sog. Zweikulturnutzungssystem anbauen. Dabei werden meistens Wintergetreide oder andere überwinternde Kulturen wie Winterackerbohnen im Vorjahr angebaut und im darauffolgenden Jahr zwischen Mai und Juli geerntet. Danach kann der Landwirt noch im selben Jahr eine 2. Kultur aussäen und ernten. Bei Arten wie Mais oder Sorghum besteht dann allerdings die Gefahr, dass die Vegetationszeit nicht mehr ausreicht, um die erforderliche Siloreife von mehr als 28 Prozent Trockensubstanzgehalt zu erreichen. Mit anderen Worten: Die Pflanzen enthalten nach der Ernte noch zu viel Wasser, was zu erhöhten Transportkosten und unerwünschtem Sickerwasser im Silo führt. Hier bieten Kulturen wie Buchweizen und Quinoa mit einer kurzen Vegetationszeit von 90 bis 110 Tagen eine gute Möglichkeit, die Vegetationslücke optimal zu füllen. In einem vom BMEL geförderten Projekt wurden beide Arten als Zweitfrüchte getestet, beide erreichten im Mittel Methanhektarerträge von rund 1.300 Nm3 pro Hektar. Buchweizen konnte zusätzlich punkten, indem er durch seine schnelle Jugendentwicklung und die Bildung üppiger Blattmasse unkrautunterdrückend wirkte. Zudem ist er als Nektar- und Pollenlieferant sehr attraktiv: Er blüht bis in den September hinein und liefert somit in einer trachtarmen Zeit Nektar und Pollen. Buchweizen und Quinoa haben außerdem den Vorteil, nicht mit den anderen gängigen Ackerkulturen verwandt zu sein. Somit stellen sie für einen Großteil der verbreiteten Schaderreger keine Wirtspflanze dar und wirken Problemen zu enger Fruchtfolgen entgegen. Schließlich sind beide Pflanzen in der Lage, bei ausreichendem Gehalt von Nickel und Cobalt im Boden diese Spurenelemente besser aufzunehmen als Mais. Nickel und Cobalt sind essentiell für die Mikroorganismen im Biogasfermenter und müssen bei ausschließlicher Maisvergärung in Form von Präparaten zugefügt werden.

Biene auf Buchweizenblüte. Foto: Fotoschlick/adobe.stock.com

Biene auf Buchweizenblüte. Foto: Fotoschlick/adobe.stock.com

Durchwachsene Silphie

Eine alternative Energiepflanze, die sich seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut, ist die Durchwachsene Silphie. Sie wird in Deutschland inzwischen auf rund 3.000 Hektar (2018) angebaut. Dass immer mehr Landwirte einen Anbauversuch mit der Pflanze wagen, liegt sicher auch daran, dass es inzwischen das Aussaatverfahren „unter Mais als Deckfrucht“ gibt, mit dem auch im ersten Jahr ein Ertrag realisierbar ist. Die Silphie ist außerdem eine Dauerkultur, das heißt sie wird nur einmal ausgesät und kann dann mindestens zehn Folgejahre beerntet werden - das spart Arbeitskosten ein.

Aus Sicht von Blütenbesuchern ist die Silphie in jedem Fall ein Gewinn, denn sie blüht den ganzen Sommer bis zur Ernte, die Ende August, Anfang September stattfindet. In einem Projekt des Thünen-Instituts wurde der ökologische Wert der Pflanze wissenschaftlich bestätigt. Die Ergebnisse zeigten, dass Silphiebestände neben positiven Effekten für Bienen und weitere Bestäuber wie Hummeln und Schwebfliegen, auch die Aktivitäten von Regenwürmern und anderen Bodenlebewesen begünstigen. Hierbei spielt neben der ab dem 2. Jahr entfallenden Bodenbearbeitung der geringe Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz eine Rolle.

Infos zum Projekt:22004411 und 22037311

Als Dauerkultur ist die Silphie außerdem für Wasserschutzgebiete prädestiniert. Insgesamt ist der Boden mit einer etablierten Silphiekultur pro Jahr etwa drei Monate länger begrünt und wird auch nur etwa halb so häufig befahren wie beim Anbau von Mais. Der erneute Austrieb nach der Ernte wirkt wie eine Zwischenfrucht und könnte dafür sorgen, dass unmittelbar vor Beginn der winterlichen Sickerperiode weniger auswaschungsgefährdetes Nitrat im Boden vorhanden ist. Im Vergleich zu einjährigen Energiepflanzen sollte auch die tiefe und intensive Durchwurzelung des Bodens das Risiko der Nährstoffauswaschung deutlich reduzieren. Eine genaue Bewertung des Silphieanbaus in seiner Wirkung auf Wasser und Boden nehmen Wissenschaftler des Julius-Kühn-Instituts in einem aktuellen Projekt vor.

Infos zum Projekt:22023914.

Biene auf Silphieblüte. Foto: Daniel Gerhard

Weitere Arten

Neben den genannten Kulturen  bieten weitere Energiepflanzen Nahrung und Lebensraum für Insekten. Auch sie wurden und werden in BMEL-geförderten Projekten erforscht:

Weitere Informationen bieten auch die FNR-Seiten Bienenfreundliche Energiepflanzen und das gleichnamige Booklet.

Wildpflanzen. Foto: FNR/M. Nast

Pflanzen zur stofflichen Nutzung

In Deutschland befinden sich aktuell 120 verschiedene Arzneipflanzen-Arten im Anbau, einige allerdings nur in geringem Umfang.  Insgesamt wachsen Arzneipflanzen hierzulande auf rund 12.000 Hektar. Viele Arten wie Kamille, Thymian, Fenchel, Sonnenhut, Weißdorn, Lein, Ringelblume oder Johanniskraut sind bei Insekten als Quelle von Nektar und Pollen überaus beliebt. In einem aktuellen Projekt will die Universität Bonn ein Management-System zur gezielten Bestäubung von Arznei- und Gewürzpflanzen durch Insekten entwickeln. So wie Gärtner Hummelkolonien per Versandhandel fürs Gewächshaus bestellen können, so ist Ähnliches auch beim Anbau von Fenchel, Thymian & Co. denkbar. Tierökologe Andreé Hamm von der Universität Bonn: „In diesem Projekt wollen wir aber nicht mit aus Zuchten stammenden Hummelvölkern oder ausschließlich mit Honigbienen arbeiten, sondern vor allem auch mit ehemals einheimischen Arten, die wir fördern bzw. wieder ansiedeln. Dadurch können wir eine Faunenverfälschung auch auf genetischer Ebene ausschließen.“ Projektleiter Ralf Pude ergänzt: „Wir planen zudem einen Vergleich mit geförderten, klassischen Agrarumweltmaßnahmen wie Blühstreifen. Eventuell haben Arznei- und Gewürzpflanzen sogar höhere Effekte in punkto Artenvielfalt, gleichzeitig bringen sie aber noch einen wirtschaftlichen Ertrag.“

Infos zum Projekt:22001116

Neben den Arzneipflanzen können auch andere stofflich genutzte Kulturen die Biodiversität in der Kulturlandschaft erhöhen und damit Lebensräume für Insekten schaffen. Kulturen für die stoffliche Nutzung, auch als Industriepflanzen bezeichnet, wachsen hierzulande auf insgesamt 300.000 Hektar. Dazu zählen Raps, Sonnenblumen und Öllein für die Ölgewinnung oder Faserlein (Flachs) als Faserlieferant. Diese Arten sind nicht nur für Blütenbesucher sehr attraktiv, sie bereichern auch das Landschaftsbild.

Kleiner Fuchs auf Eisenkraut. Foto: FNR/W. Stelter

Modellvorhaben zur Insektenförderung beim Anbau nachwachsender Rohstoffe

Auf keine bestimmte Pflanzenart festgelegt ist man in dem großen Modellvorhaben mit dem Kürzel "FInAL", das 2019 startete. Vielmehr geht es darum, unterschiedliche Kulturen, Anbausysteme und ergänzende Maßnahmen wie den integrierten Pflanzenschutz zu erproben, weiter zu entwickeln und zu evaluieren, immer im Hinblick auf die Schonung und Förderung von Insekten. Das Ganze wird in drei Landschaftslaboren mit je 900 Hektar in Zusammenarbeit mit Landwirten passieren und damit wohl eines der großflächigsten Projekte zum Insektenschutz in Deutschland überhaupt sein.  

Informationen zum Projekt

Fliegende Biene. Foto: www.ingo-bartussek.de

Foto: www.ingo-bartussek.de