PflanzenFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Torfmoos

Mit landwirtschaftlichem Anbau von Torfmoosen Hochmoore und das Klima schützen

Torfmoose (Sphagnum) sind Pflanzen mit erstaunlichen Eigenschaften, die ideal an den nassen, nährstoffarmen, sauren Lebensraum im Hochmoor angepasst sind. Mehr noch: Ohne sie gäbe es gar kein Hochmoor. Permanent nass ist ein Hochmoor nämlich nur durch Regenwasser und dadurch, dass die Torfmoose es wie ein Schwamm festhalten. Das schaffen sie durch spezielle Zellen und durch Wassereinschlüsse zwischen ihren winzigen Ästchen und Blättchen. Der Torf wiederum entsteht durch die Art, in der Torfmoose wachsen: Während ihre vom Wasser bedeckte Basis allmählich abstirbt, wachsen die Pflänzchen nach oben weiter. Der abgestorbene Teil wird nicht vollständig zersetzt, aus ihm bildet sich der Torf. Im Laufe der Zeit wird die Torfdecke immer höher, ein Hochmoor entsteht.

Früher wurden viele Moore trockengelegt, um den Torf als Brennstoff zu gewinnen. Heute nutzt man ihn für Pflanzsubstrate - in fast allen Blumenerden steckt Torf aus Hochmooren. Die allermeisten ehemaligen Hochmoore - etwa 98 Prozent sind hierzulande entwässert - werden jedoch von Landwirten als Grün- oder Ackerland genutzt.

Doch ein Moor trocken zu legen, ist leider nicht ganz unproblematisch: Erstens verlieren die moortypischen Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum. Zweitens emittieren trockengelegte Moore kontinuierlich große Mengen Kohlendioxid und Lachgas. Diese Emissionen sind deutlich klimaschädlicher als die in einem nassen Moor auftretenden Methan-Emissionen. Aus entwässerten deutschen Mooren entweichen jährlich rund 45 Millionen Tonnen CO2, das sind rund 5 Prozent der jährlichen Gesamtemissionen Deutschlands. Und drittens haben auch die Landwirte selbst Nachteile, wenn sie sehr lange auf den ehemaligen Moorböden wirtschaften, denn diese bringen im Laufe der Zeit immer weniger Ertrag.

Seit einiger Zeit untersuchen Forscher der Universität Greifswald mit Praxispartnern nun, ob die landwirtschaftliche Kultivierung von Torfmoosen auf degradierten, ehemaligen Hochmoorflächen eine Lösung für alle drei Probleme sein könnte. Sie etablierten erfolgreich mehrere Hektar Torfmoose als Dauerkultur. Für den Anbau wurden die Flächen wiedervernässt, es handelt sich damit um eine sogenannte Paludikultur („palus“ - lat. „Sumpf, Morast“). Der Begriff beschreibt die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore. Die geerntete frische Torfmoos-Biomasse eignete sich sehr gut für die Herstellung von Pflanzerden - eigentlich nicht verwunderlich, denn auch normaler Torf besteht ja  aus abgestorbenen Torfmoosen. In Versuchen gedeihten Zierpflanzen wie Alpenveilchen und Weihnachtssterne und Gemüse wie Tomaten und Gurken in dem Torfmoos-Substrat. Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die Torfmoos-Pflänzchen am besten wachsen, wenn das Wasser dauerhaft wenige Zentimeter unterhalb der Moosoberfläche steht. Außerdem sollte man nur alle drei Jahre lediglich die oberen Zentimeter abmähen, dann können sich die darunter liegenden Schichten wieder gut regenerieren. Mit dem hohen Wasserstand nahmen auch die klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausgasungen merklich ab. Mit der Zeit entwickelten die Torfmoosflächen schließlich wieder einen gewissen „Moorcharakter“ - Tier- und Pflanzenarten des Moores siedelten sich dort wieder an. So wuchs 2017 auf einer Versuchsfläche im Hankhauser Moor (Landkreis Ammerland) trotz regelmäßiger, alle zwei bis vier Wochen stattfindender Mahd ein Kiebitz auf. Außerdem kamen auf der Versuchsfläche (trotz Mahd) weitere moortypische und z.T. seltene Pflanzen- und Tierarten, etwa Libellen- und Spinnenarten vor, u.a. Pardosa sphagnicola, Hygrolycosa rubrofasciata und Erigonella ignobilis (vgl. Projektberichte sowie zwei Publikationen, s.u.). Torfmooskulturen können also nachgewiesenermaßen ein Ersatzhabitat für solche Arten sein.

Noch ein weiterer Aspekt: Über 50 Prozent des hierzulande verarbeiteten Torfs wird inzwischen importiert, aus Ländern im Baltikum oder aus Russland. Torfalternativen in Deutschland zu erzeugen, ist also auch ein Beitrag zum Moorschutz in diesen Ländern.

Das Anbaukonzept Torfmoose vereint somit Artenschutz, Klimaschutz und Rohstofferzeugung und könnte es Landwirten langfristig ermöglichen, ein Einkommen auf den Flächen zu generieren. Voraussetzung ist ein wirtschaftlich tragfähiger Torfmoosanbau, der allerdings noch erhebliche Entwicklungsarbeiten erfordert.

Die Etablierung der Versuchsflächen erfolgte im Projekt „MOOSGRÜN“. Im Projekt „MOOSWEIT“ wollen die Universität Greifswald und ihre Partner nun die Anbau- und Erntetechnik zur Praxisreife weiter entwickeln. Die Verbesserung der Ökonomie steht im Zentrum. U.a. wird die Versuchsfläche von 4 auf 9 Hektar erweitert. Im ergänzenden Projekt „MOOSZUCHT“ züchten Wissenschaftler produktivere Torfmoose. Für einen großflächigen Anbau fehlt es derzeit noch an ausreichendem Torfmoos-Saatgut zur Kulturbegründung. Ziel von „MOOSZUCHT“ ist es daher auch, ein Verfahren zur Vermehrung von Torfmoos-Saatgut im Photobioreaktor zu entwickeln.

Weitere Informationen zu den Projekten finden Sie in der Projektdatenbank der FNR unter folgenden Förderkennzeichen:

Publikationen zum Thema "Torfmooskulturen als Ersatzlebensraum":

  • Muster, C., Gaudig, G., Krebs, M. & Joosten, H. (2015) Sphagnum farming: the promised land for peat bog species? Biodiversity and Conservation, 24(8), 1989–2009. DOI: 10.1007/s10531-015-0922-8.
  • Gaudig, G. & Krebs, M. (2016) Torfmooskulturen als Ersatzlebensraum - Nachhaltige Moornutzung trägt zum Artenschutz bei. Biologie in unserer Zeit, 46(4), 251–257. DOI: 10.1002/biuz.201610600.

Informationen zu Paludikulturen und zur Torfmooskultivierung: www.moorwissen.de

Torfmoose (Foto: Greta Gaudig/Universität Greifswald)

Versuchsfläche mit Fahrdämmen und Torfmooskulturen (Foto: Greifswald Moor Centrum)