Heilpflanze des Jahres 2024
Sambucus nigra L. - Schwarzer Holunder
Holunder, Schwarzer, Holder, Holderbusch, Fliederbeere, Flieder, Black elder (englisch), Sureau noir (französisch)
Der nachfolgende Text ist ein Auszug aus der FNR-Arzneipflanzen-Datenbank. Die Erstellung der Datenbank erfolgte zwischen 1999 und 2001 in diesem Projekt. Trotz ihres Alters sind viele der Informationen nach wie vor gültig.
Weiterführende Informationen bietet der Verein NHV Theophrastus, der den Schwarzen Holunder zur Heilpflanze 2024 kürte (Presseartikel zur Heilpflanze des Jahres 2024 – Holunder - NHV Theophrastus (nhv-theophrastus.de)) oder das „Handbuch des Arznei- und Gewürzpflanzenanbaus“.
Beschreibung
Der zur Familie der Caprifoliaceae (Geißblattgewächse) gehörende Schwarze Holunder ist ein strauch- oder baumartiges Gehölz, welches in ganz Europa verbreitet ist. Er kann bis zu 10 m hoch werden (2-7 m), hat eine breite, unregelmäßige Krone und einen charakteristischen Stamm mit tiefgefurchter, warziger und unangenehm riechender Rinde. An den markreichen Ästen und Zweigen sind die unpaarig gefiederten Blätter gegenständig angeordnet. Die als Trugdolden ausgebildeten, bis zu 20 cm durchmessenden Blütenstände tragen die im Mai bis Juli blühenden, gelblich-weißen und unangenehm riechenden Blüten. Aus ihnen entwickeln sich im Herbst die schwarz bis schwarzviolett glänzenden Holunderbeeren (Steinfrüchte), die drei bis fünf Samen enthalten und essbar sind. Weitere in Europa wachsende verwandte Arten des Schwarzen Holunders sind der Traubenholunder (Sambucus racemosa L.) und der Zwergholunder oder Attich (Sambucus ebulus L.), dessen ebenfalls schwarze Beeren aufgrund eines giftigen Inhaltsstoffes ungenießbar sind [1], [2], [3].
Verwendung
Arzneilich werden die Blüten verwendet [1], [2], [3], [6], [7], in der Homöopathie neben den Blüten auch die Blätter [1]. In der Volksmedizin werden gelegentlich auch die Früchte und die Rinde genutzt [1]. Der Schwarze Holunder wird aufgrund seiner sekretolytischen und der (allerdings nicht nachgewiesenen) schweißtreibenden Wirkung bei Katarrhen der Atemwege, trockenem Reizhusten und Erkältungskrankheiten verwendet [6]. In der Lebensmittelindustrie dienen die Beeren zur Herstellung von Säften, Gelees, Sirups, Weinen, Likören und zur Gewinnung des Farbstoffes (Anthocyan), welcher z.B. zum Nachfärben von Rotweinen verwendet wird. Aus 20 Tonnen Holunderbeeren kann eine Tonne Farbstoff gewonnen werden [3], [8].
Handelsbezeichnung
Sambuci flos = die getrockneten, von den Blütenständen abgetrennten Holunderblüten Ph. Eur. 1998 [6], DAB 1996 [7].
Darreichungsform
Hauptsächlich als Infus, Tee [6].

Wertgebende Inhaltsstoffe
Sambuci flos:
- Flavonoide 0,7-3,5 % [6], bis 3 % [7]; Hauptkomponenten sind:
- Isoquercitrin, Rutosid, Hyperosid [6], [7]; Isorhamnetinglykoside [6];
- Quercitrin und Astralagin [7].
- Chlorogensäure bis 3 % [6], [7].
- Ätherisches Öl in geringen Mengen, vorwiegend Monoterpene [6] und hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren [7].
- Gerbstoffe [1].
- Schleim [1].
- Sambunigrin (cyanogenes Glykosid) in Spuren [6].
- Kaliumsalze 4-9 % [6].
Qualitätsanforderungen
Sambuci flos:
- Mindestens 0,8 % Flavonoide, berechnet als Isoquercitrin [6], [7].
- Blüten des Zwergholunders gelten als Verfälschung [6].
- Schwermetalle (mg/kg) max.: Cd 0,2; Pb 5 [9].
Standortansprüche
Natürliche Standorte sind nährstoffreiche und leichte Böden, aber auch schwere, kalkhaltige sowie sandige Böden (Dünen) und stickstoffreiche Plätze werden von Holunder akzeptiert [2]. Für die Kultur (Obst) sind tiefgründige, frische und mittelschwere Böden ohne Staunässe gut geeignet [3], beliebt sind Hanglagen mit 700-800 mm Niederschlag pro Jahr [4]. Die Ansprüche an Nährstoff- und Wasserversorgung sind hoch, magere und trockene Böden eignen sich nicht für die Kultivierung [10]. Gegen Anschüttung und zeitweiser Überschwemmung ist der Holunder unempfindlich [2]. Holunder ist vergleichsweise frostresistent [10].
Sorten / Herkünfte
Für den Obstanbau stehen folgende Sorten zur Verfügung: "Donau" mit großen Fruchtdolden, "Haschberg" mit mittelgroßen Fruchtständen und gut schmeckende Beeren ab der zweiten Septemberhälfte [2], [3], [10], sowie "Sambur", "Weihenstephan" [8] und "Mammut", "Samdal", "Samyl", "Sasmpo" und "Bergmann" [11]. "Korsø" ist eine dänische Standardsorte [2].
Anbauverfahren
Im Holunderanbau hat sich die Steckholzvermehrung bewährt. Dazu werden gut verholzte Triebe nach dem Laubabwurf und vor starken Frösten gewonnen und auf ca. 20 cm lange Steckhölzer mit zwei bis drei Knoten zugeschnitten. Diese können entweder sofort in den Boden gesetzt oder gebündelt und eingeschlagen im nächsten Frühjahr gesteckt werden. Pflanzabstand ist 100 ´ 30 cm [10].
Der Holunder wird im Abstand von 4,5 ´ 5 m gepflanzt. Im Obstanbau kann mit dem Vollertrag der Anlage ab dem 5. Standjahr gerechnet werden, die Nutzungsdauer beträgt 15 Jahre. Bevorzugt wird die Stammkultur gegenüber der Strauchkultur [4]. Pflegemaßnahme bei der Obstgewinnung bestehen in der chemischen oder händischen Blüten- oder Fruchtausdünnung [12], sowie der Anwendung verschiedener Schnitttechniken zur Erzielung von Baum- oder Strauchformen [10].
Düngung
Holunder wird als sehr nährstoffbedürftig und stickstoffliebend eingestuft. Sein Bedarf ist höher als die üblicherweise erfolgenden Gaben. Der Entzug von Obstpflanzen wird durchschnittlich mit 68,5 kg Stickstoff, 25 kg Phosphor und 94,5 kg Kali je Hektar angegeben [10].
Krankheiten / Schädlinge
Im Holunderanbau sind folgende Krankheiten und Schaderreger bekannt: Befall (feuchte Witterung) mit Grauschimmel auf Blättern, Trieben und Dolden (Schwächeparasit), Blattfleckenkrankheiten verursacht durch Phyllosticta, Cercospora und Ramularia werden durch feuchte Witterung und überhöhte Stickstoffgaben gefördert [13]. Die Doldenwelke (Absterben von Teilen oder der ganzen Dolde vor der Reife) ist physiologisch bedingt [13] und wird durch sekundären Pilzbefall verstärkt [14]. Mycoplasmenbefall kann zu einer Krankheit führen, die Rotlaubigkeit, Vergilbung und Verkleinerung der Blätter, vorzeitigen Blattabfall sowie teilweises bzw. vollständiges Absterben der Bäume und Sträucher hervorruft [15]. Die sogenannte Verrieselung (nur einzelne Beeren eines Fruchtstandes werden ausgebildet) kann durch ungenügende Befruchtung bei nasskaltem Wetter oder durch Bormangel hervorgerufen werden. An Schädlingen treten vor allem die Holunderblattlaus (Aphis sambuci) und die Gemeine Bohnenspinnmilbe (Tetranychus urticae) auf. Ferner können die Larven der Miniermotte die Blätter schädigen, Feld- sowie Wühlmäuse fressen an den Wurzeln [13].
Literatur
- Pahlow, M. (1993): Das große Buch der Heilpflanzen. Überarbeitete Neuausgabe, Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München, ISBN 3-7742-3848-0
- Lombarts, P. (1992): Holunder als Feldgehölz. In: Deutscher Gartenbau (Germany), ISSN 0341-2091, 1992, v. 46(45) p. 2747-2748, 2 ill., De
- Treptow, H. (1985): Schwarzer Holunder (Sambucus nigra L.) und seine Verwendung. In: Ernährungs-Umschau (Germany, F.R.), ISSN 0340-2371, (1985), v. 32(9) p. 296-300
- Kasbohm, A. (1997): Holunder, Sanddorn, Wildrosen: im Anbau lohnend? In: Flüssiges Obst, ISSN 0015-4539, Germany, v. 64(12) p. 677-678
- Anonym (1999): Arznei- und Gewürzpflanzenanbau in Deutschland. In: Deutsche Apotheker Zeitung 136. Jg. Nr. 10: 1066-1067
- Schneider, G. & Hiller, K. (1999): Arzneidrogen. 4. Aufl.- Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin ISBN: 3-8274-0182-8
- Teuscher, E. (1997): Biogene Arzneimittel. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart
- Anon. (1990): Wildobst anbauen für Farb- und Arzneimittel-Industrie. Eine Tonne Farbstoff aus 20 Tonnen Holunderbeeren. In: Taspo ISSN 0177-5006, v. 124(6): 10
- Kabelitz, L. (1998): Zur Schwermetallbelastung von Arznei- und Kräuterdrogen. In: Pharmazeutische Industrie 60 Nr. 5: 444-451
- Strauß, E. & Novak, R. (1998): Obstbau Praxis. Anlage, Pflege, Ernte, Lagerung, Sortenbeschreibung. 2. überarbeitete Auflage, Österreichischer Agrarverlag, Klosterneuburg: 354-361
- Möhler, M. (1995): Holundersortenvergleich – Farbstoffgehalt der Früchte. In: Rheinische Monatsschrift fuer Gemuese, Obst, Zierpflanzen (Germany), ISSN 0930-4096, v. 83(11) p. 653
- Weißböck, G.; Wurm, L. & Vogl, K. (1998): Einfluss der Blütenausdünnung sowie der Exposition der Blütenstände auf qualitative und quantitative Parameter bei Holunder (Sambucus nigra). In: Mitteilungen Klosterneuburg, ISSN 0007-5922, Austria, 1998, v. 48(5) p. 179-186, 6 ill., 2 tables; 11 ref. Summaries (De, En, Fr), De
- Waska, S.T. (1997): Krankheiten und Schädlinge des Schwarzen Holunders (Sambucus nigra). In: Besseres Obst, Austria, v. 42(12) p. 18-19