PflanzenFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Russischer Löwenzahn

Taraxacum koksaghyz
Familie der Korbblütler (Asteraceae)

Merkmale

Russischer Löwenzahn ist eine einjährige, relativ anspruchslose Pflanze. Sie bevorzugt sandige bis lehmige oder tonige, gut durchlässige Böden bei beliebigen pH-Werten an sonnigen oder halbschattigen Standorten. Optisch ähnelt sie dem in Deutschland heimischen Gewöhnlichen Löwenzahn, hat jedoch kleinere Blüten, weniger stark gezähnte Laubblätter und erreicht insgesamt eine geringere Wuchshöhe. Die Wurzel ist pfahlförmig. In allen Teilen der Pflanze ist kautschukhaltiger Milchsaft enthalten.

Kulturgeschichtlicher Hintergrund

Die Pflanze ist im westlichen China und in Kasachstan beheimatet. In den 1930er Jahren suchten Wirtschaft und Militär in Europa und der Sowjetunion nach Möglichkeiten, sich bei der Gummiproduktion aus der Abhängigkeit vom Kautschukbaum (Hevea brasiliensis) zu befreien, der nur in den Tropen wächst. In dem Zuge wurde der Russische oder auch Kaukasische Löwenzahn 1931 in Kasachstan entdeckt. In verschiedenen Ländern, darunter auch im Deutschen Reich, unternahm man Anbau- und Verarbeitungsversuche. 1941 wuchsen in der Sowjetunion mehrere 10.000 Hektar Russischer Löwenzahn zur Kautschukgewinnung. Nach dem 2. Weltkrieg ließ das Interesse an der Pflanze jedoch schnell nach. Erst seit einigen Jahren gerät Russischer Löwenzahn erneut ins Visier von Forschern, Unternehmen und Politik. Gründe sind

  • die steigende globale Nachfrage nach Kautschuk
  • die Furcht vor der weltweiten Ausbreitung des parasitären Pilzes Microcyclus ulei, der den plantagenmäßigen Anbau von Kautschukbäumen beim einstigen Marktführer Brasilien unmöglich gemacht hat
  • Regenwaldschutz
  • mehr Preisunabhängigkeit und kürzere Transportwege für kautschukverarbeitende Unternehmen außerhalb Asiens
  • Einkommensalternativen für und mehr Biodiversität in der Landwirtschaft potenzieller Anbauländer.

Anbau

Der Anbau erfolgt auf leichteren Sandböden. Je nach Wetterlage wird das Saatgut in Direktsaat Ende März/Anfang April in den bereits erwärmten Boden ausgebracht. Für einen Hektar werden nur wenige Kilogramm Saatgut benötigt, das in einer Saattiefe von einem Zentimeter, also relativ flach, ausgebracht wird. Die Anfangsentwicklung kann durch eine adäquate N-Düngung gefördert werden. Während der Vegetationsphase sollte eine mechanische Beikrautkontrolle unbedingt eingeplant werden.
Die Ernte der Löwenzahnwurzel erfolgt im Herbst nach Abschluss der Kautschukeinlagerung, die in der Regel nach einer Periode mit kühlen Temperaturen endet. Geerntet wird mit einem Rodegerät, wie z. B. einem Siebkettenroder, das mindestens 25-30 cm tief die Wurzeln unterschneidet.

Inhaltsstoffe

In der getrockneten Wurzel sind rund 10 Prozent Naturkautschuk und rund 20 Prozent Inulin enthalten. Naturkautschuk ist in seinen Eigenschaften durch synthetischen Kautschuk bis heute nicht vollständig zu ersetzen.

Verwendung als nachwachsender Rohstoff

Der mengenmäßig wichtigste Einsatzbereich ist die Reifenindustrie. Daneben wird Kautschuk in einer Vielzahl weiterer Produkte verarbeitet, etwa in Dichtungen oder Schaumstoffen. Bei Latex handelt es sich um flüssig gehaltenen Kautschuk, er wird zum Beispiel zur Herstellung von Textilien, Schaumanwendungen (Matratzen) oder Kondomen verwendet.

Russischer Löwenzahn, © Eickmeyer/ESKUSA