PflanzenFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Sonnentau

Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia L.)
 

Rundblättriger Sonnentau wird in Deutschland zwar nur in geringen Mengen verarbeitet, dennoch sind 25 Präparate auf dem Markt, die bis auf eines zu den Homöopathika zählen. Die Phytotherapie behandelt mit Sonnentau Krampf-, Keuch- und Reizhusten sowie Schleimhautentzündungen der Atmungsorgane.

Synonyme
Himmelstau, Immertau, Sonnenlöffel, Sonnenlöffelkraut, Bauernlöffel, Herrgotts löffel, Herrnlöffelkraut, Ohrlöffelkraut, Engelkraut, Fliegenfalle, Jungferntröpfle, Marienträne, Sintau, Sondau, Wettertau, Widdertod, Perlknöpf, Rossolikraut, Brunstkraut, Bullenkraut, Edler Widerton, Egelkraut, Fricktau, Gideon, Spölkraut

Biologie
Das zur Familie der Sonnentaugewächse (Droseraceae) gehörige Kraut ist mehrjährig, bis zu 30 cm groß und bildet nur eine schwache Wurzel aus. Rundblättriger Sonnentau treibt ab Mai aus einer Winterknospe aus und bildet eine bodenständige, aus Fangblättern bestehende Rosette mit einem Durchmesser von 2 bis 10 cm. Die runden Fangblätter mit einem Durchmesser von ca. 1 bis 1,5 cm sitzen auf 1 bis 5 cm langen Stängeln und weisen zahlreiche haarfeine, rötliche Tentakel auf; die Tentakel sind von einem klebrigen tropfenförmigen Sekret bedeckt. Sonnentau blüht von Juni bis September mit bis zu 15 weißen, knapp 1 cm großen Blüten, die auf bis zu 25 cm hohen unbeblätterten Stängeln sitzen und sich bei Sonnen  schein öffnen. Es werden zahlreiche gelbe längliche Samen mit netzartiger Oberfläche in Fruchtkapseln gebildet. Im frühen Herbst setzt die Winterruhe unter Bildung einer neuen Winterknospe ein, die Blätter werden vollständig eingezogen. Rundblättriger Sonnentau zählt zu den fleischfressenden Pflanzen. Kleine Insekten, die an den mit Sekrettröpfchen versehenen Tentakeln kleben geblieben sind, werden von weiteren Tentakeln umhüllt. Es kommt zur Absonderung eiweißabbauender Enzyme. Die freigesetzten Nährstoffe nimmt die Pflanze auf, um ihren Stickstoffbedarf zu decken.

Vorkommen
Rundblättriger Sonnentau stammt aus Mittel- und Osteuropa und ist heute fast überall auf der nördlichen Halbkugel verbreitet. Er bevorzugt sonnige Standorte auf nassen, nährstoffarmen und kalkfreien Böden mit einem sauren pH-Wert, wächst also vor allem in Mooren, Feuchtgebieten, Gräben und torfigen Sümpfen, auf moorigen Wiesen, nassen Felsen und sandigen Torfböden sowie am Ufer stehender Gewässer. Sonnentau ist winterhart und verträgt längere Frostperioden. Da geeignete Lebensräume zunehmend zum Beispiel durch die Entwässerung von Mooren zerstört werden, ist der Bestand von Sonnentau stark zurückgegangen. In Bosnien-Herzegowina gilt er als vom Aussterben bedroht, in der Slowakei und in Weißrussland als stark gefährdet, in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Slowenien als gefährdet.

In Polen, Kroatien, Bulgarien, Rumänien und der Türkei ist er als selten eingestuft. Über Bundesnaturschutzgesetz und Bundesartenschutzverordnung sind die wenigen deutschen Bestände besonders geschützt; es besteht Sammelverbot. Für die Produktion von Arzneimitteln wird Sonnentau vor allem aus Finnland importiert, wo die Sammlung streng reglementiert ist. Madagaskar ist mit dem Madagassischen Sonnentau (Drosera madagascariensis) ein weiteres wichtiges Exportland. Da diese Pflanze geringere Anteile der nutzbaren Inhaltsstoffe enthält, sind größere Mengen davon nötig, so dass in absehbarer Zeit auch diese Sonnentauart in ihrem Bestand gefährdet sein könnte, wenn es nicht gelingt, ein effizientes Anbauverfahren zu entwickeln.

Anbau
Stimmen die Standortbedingungen, ist ein Anbau in Deutschland grundsätzlich vorstellbar, zumal sich Sonnentau sowohl vegetativ durch Blattstecklinge und Wurzelteilung als auch durch Aussaat vermehren lässt. In ersten Anbauversuchen in Südfinnland konnte Sonnentau sowohl im Gewächshaus als auch im Freiland erfolgreich kultiviert werden; die ökonomischen Aspekte des Anbaus gilt es jedoch erst zu ermitteln. Auch in Deutschland baut eine Gärtnerei Sonnentau schon an.

Zur Produktion von Phytopharmaka verwendete Pflanzenteile
Für Phytopharmaka werden Fangblätter und Blüten zur Blütezeit geerntet; das getrocknete Pflanzenmaterial (Droge) wird lateinisch als Droserae herba bezeichnet.

Inhaltsstoffe

  • Naphthochinonabkömmlinge, u. a. Plumbagin, Ramentaceon, Droseron
  • Flavonoide wie Quercetin, Myrecitin, Kampferöl
  • Schleimstoffe
  • eiweißabbauende Enzyme
  • ätherische Öle

Zubereitungen
Während man aus dem Kraut früher Tee kochte, enthalten moderne Phytopharmaka Flüssigextrakt. Er wird durch Auszug des wirkstoffhaltigen Krauts mit einem wässrig-alkoholischen Extraktionsmittel gewonnen.

Pharmakologische und medizinische Wirkung
Die Volksmedizin kennt viele Anwendungsgebiete für Sonnentausaft bzw. Krautauszüge. Äußerlich behandelt man damit Warzen, Hühneraugen und Sommersprossen, innerlich Tuberkulose, Leberleiden, Epilepsie, Arteriosklerose, Wassersucht sowie Galle- und Schleimerbrechen.

Sonnentau wirkt schleimlösend, krampf- und hustenstillend und hemmt das Wachstum von Mikroorganismen in den Bronchien. Die Phytotherapie behandelt damit daher traditionell Krampf-, Keuch- und Reizhusten sowie Schleimhautentzündungen der Atmungsorgane. Die Kommission E rät zu einer mittleren Tagesdosis von 3 g Sonnentau bzw. der entsprechenden Extraktmenge.

Rundblättriger Sonnentau gilt als nebenwirkungsarm.

Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia L.)

Foto: Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia L.), Volker Kirchberg